Rückblick: Die Klage gegen Turtle WoW
Vor kurzem haben wir berichtet, dass Blizzard Entertainment eine umfassende Klage gegen Turtle WoW eingereicht hat. Der Vorwurf: massive Urheberrechtsverletzungen, unerlaubte Nutzung von Code und Assets, sowie die Entwicklung eines direkten Konkurrenzprodukts in Form von „Mysteries of Azeroth“ und sogar einem geplanten Turtle WoW 2.0.
Nun kommen neue Details ans Licht, die das Bild noch komplexer machen – und den Sumpf rund um Turtle WoW deutlich tiefer erscheinen lassen.
RICO – wenn aus Urheberrechtsstreit organisierte Strukturen werden
Blizzard geht juristisch aufs Ganze: Neben klassischen Urheberrechtsklagen bringt das Unternehmen auch den RICO-Act ins Spiel.
Der „Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act“ stammt ursprünglich aus den USA der 1970er und wurde entwickelt, um organisierte Kriminalität zu bekämpfen. In diesem Fall setzt Blizzard jedoch auf Civil-RICO – eine zivilrechtliche Variante, die Privatunternehmen erlaubt, angebliche kriminelle Strukturen anzugreifen.
Der Vorteil für Blizzard: Gelingt der Nachweis, winken dreifacher Schadensersatz, Übernahme der Anwaltskosten und ein massiver Abschreckungseffekt für andere Privatserver. Das ist ein deutlich härteres Signal als eine normale Copyright-Klage.
Torta = Shenna – die Rückkehr eines alten Skandals
Besonders brisant ist die namentliche Nennung der Hauptverantwortlichen. In den Gerichtsdokumenten wird Yulia Savko alias Torta alias Shenna aufgeführt.
Der Name „Shenna“ hat in der Privatserver-Szene eine Vergangenheit: Schon 2017 war sie im Umfeld des Elysium-Servers in einen Skandal verwickelt. Damals ging es um verschwundene Spendengelder und interne Streitigkeiten, die weltweit durch die Gaming-Presse gingen.
Mit dieser Verbindung bringt Blizzard nicht nur die aktuelle, sondern auch die historische Glaubwürdigkeit der Turtle-WoW-Leitung ins Wanken.
Hinweise auf ein größeres Netzwerk
Zusätzlich kursieren (Reddit Link hier) seit einiger Zeit Indizien, die auf Verflechtungen zwischen mehreren Privatservern hindeuten. Auffällig sind dabei vor allem:
- Gemeinsame Zahlungsstrukturen: Mehrere Projekte, darunter Turtle WoW, Vanilla+ und Firestorm, setzen auf denselben Anbieter zur Monetarisierung.
- Ähnliche Shop-Inhalte: Reittiere, große Taschen und kosmetische Items tauchen in fast identischer Form auf verschiedenen Servern auf.
- Parallelen im Design: Strukturen und Belohnungssysteme wirken auffällig gleich.
Ob es sich hierbei um zufällige Überschneidungen oder um eine gezielt koordinierte Struktur handelt, bleibt unklar – die Muster sind jedoch nicht von der Hand zu weisen.








Provokation als Strategie?
Noch spannender wird es bei einem Blick auf die Außendarstellung von Turtle WoW. In den letzten Monaten hat das Projekt mehrfach öffentlich gegen Blizzard gestichelt, etwa über Social-Media-Posts, und sogar Werbung auf Google und YouTube geschaltet.
Das wirft die Frage auf: Handelt es sich um unbedachte Provokationen – oder steckt eine klare Strategie dahinter?
Möglich ist, dass Turtle WoW sich bewusst als rebellischer Underdog inszeniert, um alle Blizzard-Kritiker hinter sich zu vereinen. Fakt ist: Seit der Klage hat das Projekt einen deutlichen Zulauf erfahren, da viele Spieler aus Solidarität auf den Server aufmerksam wurden.




Fakten vs. Spekulation
Gesichert ist:
- Blizzard verklagt Turtle WoW auch unter Berufung auf den RICO-Act.
- Die Betreiberin wird als „Torta/Shenna“ identifiziert.
- Mehrere Server nutzen denselben Zahlungsanbieter.
- Turtle WoW hat in letzter Zeit provokativ gegen Blizzard ausgeteilt und Werbung geschaltet.
Offen bleibt:
- Ob es tatsächlich ein koordiniertes Netzwerk aus mehreren Servern gibt.
- Ob Turtle WoW die Klage bewusst provoziert hat, um Reichweite und Solidarität zu gewinnen.
Fazit: Blizzard zieht alle Register
Die Klage gegen Turtle WoW ist kein normaler Rechtsstreit mehr. Mit Civil-RICO, der Nennung alter Skandale und den Indizien für ein Netzwerk macht Blizzard klar: Es geht nicht nur um einen Fanserver, sondern um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der gesamten Privatserver-Szene.
Ob Turtle WoW diesen Konflikt bewusst gesucht hat oder ob Blizzard hier ein Exempel statuieren will – fest steht: Der Sumpf ist tiefer, als es auf den ersten Blick schien.
👉 Diskussionsfrage: Ist Turtle WoW ein unschuldiger Fanserver, der von Blizzard überrollt wird – oder steckt dahinter tatsächlich ein größeres Netzwerk, das mit Provokation und geschicktem Marketing den Konflikt herausforderte?



Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.